ALEXANDRA TRETTER hat einen BFA an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg bei Jutta Koether (2016-20) absolviert sowie einen Abschluss in Architektur an der Technischen Universität Berlin (2011-2015). Ihre erste Einzelausstellung „Panikblüte“ fand 2021 bei 14a, Hamburg statt, und ihre Arbeiten wurden ausgestellt im Kunstverein Harburger Bahnhof, Hamburg (2020); Kunstraum Bethanien, Berlin (2019); ENSBA, Paris (2019); und Uferhallen, Berlin (2019, 2018).

Alexandra Tretter, Regel, 2021
Courtesy the Artist and 14a
Photography: Volker Renner

Ausstellungsansicht, Alexandra Tretter: Die Module spielen verrückt, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Photo: Lola Pertsowsky
Alexandra Tretter
DIE MODULE SPIELEN VERRÜCKT
In ihrer ersten musealen Einzelausstellung, „Die Module spielen verrückt“, präsentiert Alexandra Tretter eine neue Serie großformatiger Arbeiten, die speziell für die Ausstellungsräume des IKOB entstanden sind. Ihre Arbeiten sind aus dem Körper heraus gemalt, ohne ihn direkt darzustellen. Vielmehr erforschen ihre Kompositionen die ständigen Veränderungen und Grenzverschiebungen von Körper und Geist, wie Kaleidoskope anatomischer Querschnitte oder psychedelische Rorschach-Tests. Die Symmetrie ihrer Arbeiten verleiht ihnen ein Gefühl von Dualität und Opposition: jedes „Modul“ birgt eine bestimmte Energie aus Form, Farbe und Textur.
Tretters Werke sind in Acrylfarbe auf ungespanntem Leinen gemalt und direkt an die Wand geheftet, wie die Künstlerin Julia Dubsky schreibt: „sie lassen sich zusammenrollen wie das Gepäck einer Reisenden, ein Zustand von Beweglichkeit“. Die vier Arbeiten in „Die Module spielen verrückt“ nehmen jeweils eine eigene, ganzheitliche Fläche ein, wobei die Betrachter:innen von der Bildsprache der Künstlerin aus sich wiederholenden Formen und Farben umhüllt werden. Nur die Arbeit Regelrecht in anderen Umständen (2021) ist entlang ihrer ovalen Ränder ausgeschnitten. Ihr Hintergrund wird von einer tiefblauen, kreisförmigen Komposition gebildet, die aus der Wand selbst hervorgeht. Anstatt ihre Werke als starre Objekte im Raum zu verstehen, hat Tretter ein fließendes Verhältnis zu ihren Bildern, und kann sie so endlos neu konfigurieren.
Das zentrale Motiv von Tretters Arbeiten ist das Oval, eine potente Form die einem Ei, einem Mund, einem Auge oder einer Vulva ähneln kann: Organe, die durch das Wechselspiel von Öffnung und Verschlossenheit geprägt sind. In ihrem wichtigen Essay „Modernity and the Spaces of Femininity“ (Die Räume der Weiblichkeit in der Moderne, 1988) zeigt die Kunsthistorikerin Griselda Pollock, dass die Konfiguration von urbanen und häuslichen Räumen, die den Malerinnen des frühen 20. Jahrhunderts verwehrt blieben oder in denen sie gestattet waren, in deren Werken selbst eine bestimmte räumliche Komposition erzeugen. Die Grenzen und Möglichkeiten der Weiblichkeit definieren dabei nicht nur den Zustand, sondern auch die Wirkung. Alexandra Tretter eröffnet mit ihrer Malerei einen entscheidenden Raum für Ausdrucksfreiheit. In ihrer Kindheit in der ehemaligen DDR und in ihrer vorherigen Karriere war „Stillhalten“ das oberste Gebot. Als Künstlerin lässt Tretter ihre Formen und Farben von der Leinwand strahlen, sich entfalten und verrückt spielen.
„Die Module spielen verrückt“ wird von einer von der Künstlerin aufgenommene und gestaltete limitierte Vinyl-Schallplatte begleitet. Die LP versteht sich als Partitur für die Arbeiten in der Ausstellung und als Ausdehnung des Malerischen in den Bereich des Klangs. Sie wird in Zusammenarbeit mit 14a, Hamburg produziert und entstand aus Soundelementen, die die Künstlerin während des Malprozesses begleiteten, sowie aus aufgenommenen Textfragmenten.

Ausstellungsansicht, Alexandra Tretter: Die Module spielen verrückt, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Photo: Lola Pertsowsky

Ausstellungsansicht, Alexandra Tretter: Die Module spielen verrückt, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Photo: Lola Pertsowsky

Alexandra Tretter, Die Verwaltung warnt, besonders in den Nächten, vor Visionen, 2021. Acryl auf Leinen, 212 x 400 cm. © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Photo: Lola Pertsowsky

Alexandra Tretter, Die Verwaltung warnt, besonders in den Nächten, vor Visionen, 2021. Acryl auf Leinen, 212 x 400 cm. © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Photo: Lola Pertsowsky

Alexandra Tretter, Wo muss ich drücken, damit der Vogel singt?, 2021. Acryl auf Leinen, 212 x 400 cm. © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Photo: Lola Pertsowsky

Alexandra Tretter, Wo muss ich drücken, damit der Vogel singt?, 2021. Acryl auf Leinen, 212 x 400 cm. © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Photo: Lola Pertsowsky

Alexandra Tretter, Regelrecht in anderen Umständen, 2021. Acryl auf Leinen und Wand, 212 x 400 cm. © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Photo: Lola Pertsowsky

Alexandra Tretter, Regelrecht in anderen Umständen, 2021. Acryl auf Leinen und Wand, 212 x 400 cm. © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Photo: Lola Pertsowsky

Alexandra Tretter, Was ist mit Leonardo? Ist der jetzt tot? , 2021. Acryl auf Leinen, 212 x 400 cm. © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Photo: Lola Pertsowsky

Alexandra Tretter, Was ist mit Leonardo? Ist der jetzt tot? , 2021. Acryl auf Leinen, 212 x 400 cm. © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Photo: Lola Pertsowsky