Horst Keining, 2005

Texte zur Kunst

Kunstharzfarbe auf Leinwand
185 × 135 cm

Leuchtend hellblaue und weiße Punkte, die an Konfetti erinnern, zeichnen sich deutlich vom orangegelben Hintergrund ab. Etwas Gegenständliches – eine Landschaft, eine Architektur, Kisten, die sich stapeln – ist zu erahnen. Die Elemente lösen sich auf. Wie bei der Betrachtung eines impressionistischen Gemäldes werden die nebeneinander gesetzten Farben erst bei zunehmender Entfernung vom Bild zu einem fassbaren Ganzen. Dieser Versuch ist hier jedoch zum Scheitern verurteilt, da die Verfremdung nicht nur durch den Zoom angelegt ist, sondern darüber hinaus auch durch die Wahl des Ausschnitts. “Texte zur Kunst” ist mit serifenlosen Grossbuchstaben schwarz, aber lasierend aufgetragen. Die Zeile ist im unteren Drittel des Bildes platziert, das, auch durch sein Format, an ein Buch- oder Zeitschriftencover erinnert. Die Worte suggerieren die vermeintliche Bildaussage. Die Botschaft setzt Assoziationen frei. Die Betrachtenden, sind gleichsam die Leser.inne welche Erwartungen haben, die das Bildmotiv jedoch nicht auflöst.

Texte zur Kunst ist eine 1990 in Köln gegründete Kunstzeitschrift. Auf rund 300 Seiten werden zu gesellschafts- und kulturpolitischen Themen deutsch- und englischsprachige Beiträge zu zeitgenössischer Kunst, Film, Musik, Mode und Design veröffentlicht.

Keining provoziert diese Ambivalenz, indem er dem klassischen Bildaufbau zur Erzeugung von Perspektive folgt: Vordergrund, Hintergrund, Anhebungsmotiv, Klarheit und Unschärfe, Überschneidung. Die Motive aber erschließen keinen realen Raum und die verschiedenen Ebenen stehen in keinem direkt greifbaren Sinnzusammenhang, so dass eine Verortung unmöglich wird und das Bild als Ganzes Irritationen auslöst. Der Künstler spielt mit den Elementen Text, Kontext, Textur und Kontur – und mit der Wahrnehmung. Der Diskurs ist das Entscheidende. In frühen Arbeiten der 1980er und 90er Jahre, den Serien der Blaugrünen und Roten Bilder, in den Fassadenbildern und den Streifenbildern, untersuchte Keining systematisch die Möglichkeiten der Gliederung einer Fläche und verfolgt ein forschendes Erproben der malerischen Mittel. Ausgelöst durch den Auftrag für ein Wandgemälde, das eine neue Technik des Farbauftrags erforderte, arbeitete er fortan mit Kunstharzfarbe und Spraypistole. Statt Fläche und Linie setzte Keining ab 1997 Farbfläche und Schrift, ab 2003 dann Ornament und Schrift in Beziehung. Die Technik des Airbrush unterstützt dabei seine Intention, Unschärfen und Verschleierungen zu erzeugen. (Denise Essig)